GIST Helmut alleinDen GIST nicht zu vergessen, aber doch nur selten daran denken,
hilft, weiterhin das Schöne im Leben zu sehen und zu genießen.
(Helmut, 70, GIST seit 2001)


Im warmen Sommer 2001 war ich in der letzten Maiwoche in Baden-Württemberg unterwegs, um die Arbeitsplätze der Kreissparkassen auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Eigentlich keine allzu schwere Arbeit, aber ich musste unter den Tischen den neuen Rechner aufstellen und alle Kabel anschließen. Wenn ich dann unter dem Tisch hervorkam und aufstehen wollte, wurde mir von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz immer schwindliger, sodass ich jeweils eine kurze Erholungspause einlegen musste.

 

Die Schwäche und den Schwindel schob ich auf das schwülwarme Wetter und dachte mir eigentlich nichts weiter dabei. Als das aber auch zwei Tage später nicht besser wurde und ich nach dem Aufstehen eine Weile nicht ruhig stehen konnte und mir sogar schwarz vor den Augen wurde, nahm ich mir vor, einen Arzt aufzusuchen.

Im Fall des Falles wollte ich nicht in ein Krankenhaus in Süddeutschland eingewiesen werden. Deshalb machte ich mich auf den Heimweg nach Hamburg. Als ich zu Hause aus dem Auto stieg, musste ich nicht viel zu meiner Frau sagen. Nach ihren Aussagen war ich kreidebleich und wackelig auf den Füßen. Es war schon spät und unseren Hausarzt konnten wir nicht mehr erreichen. Meine Frau wollte nicht bis zum nächsten Tag warten und fuhr mich ins nächste Krankenhaus. Dort stellte man in der Notaufnahme einen viel zu niedrigen Hämoglobinwert im Blut fest, was auf einen hohen Blutverlust hindeutete. Ich bekam noch am Abend zwei Bluttransfusionen. Um den starken Blutverlust zu klären, wurde ich stationär aufgenommen und mehrfach Magen- und Darmspiegelungen durchgeführt. Eine Blutungsquelle wurde nicht gefunden und da es mir wieder gut ging, wurde ich einige Tage später entlassen und sollte mich sofort melden, wenn es mir schlecht geht. Damit war die Angelegenheit für mich vergessen.

Sonntags, es war der 30. Juni 2002, der Tag, an dem ich abends das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2002 zwischen Deutschland und Brasilien sehen wollte, ging es mir dann wieder schlechter. Übelkeit, Fieber und Bewusstlosigkeit kehrten zurück. Es wurde immer schlimmer. Zur Übelkeit kamen noch Durchfall, Schüttelfrost und immer wieder Fieberanfälle hinzu. Als ich dann gegen Mittag das Bewusstsein verlor und nicht mehr auf Fragen meiner Frau reagierte, rief sie die Notrufnummer 112 an. Der Notarzt war schnell zur Stelle und veranlasste einen sofortigen Transport ins Krankenhaus. Die Sonografie zeigte dann eine große Raumforderung im rechten Unterbauch. Bei der Operation wurde dann ein kindskopfgroßer Tumor am Dünndarm zusammen mit Teilen des Dünndarms entfernt. Ein paar Tage nach meiner Entlassung bekam ich den Bericht des Pathologen. Die Histologie des Gewebes entsprach einem gutartigen Leiomyom. Der Pathologe empfahl aber eine engmaschige Kontrolle des Bauchraumes, da es sich auch um eine Vorstufe einer bösartigen Variante von Krebs handeln könne. Fünf Ultraschalluntersuchungen ab Herbst 2002 bis zum Jahresende 2004 blieben ohne Befund. Aber die nächste Kontrolle im Sommer 2005 zeigte dann wieder neue Tumorherde im Bauch in einer Größe von 17 Zentimetern. Diesmal wurde der Tumor als GIST erkannt. Da der gesamte Bauchraum mit Metastasen
übersät und auch die Leber befallen war, konnten die Chirurgen meiner Frau keine große Hoffnung auf ein längeres Überleben machen. Mir hatte man es nicht so deutlich gesagt. Aber die Klinik hatte für den Tag nach der Entlassung einen Termin bei einem Onkologen vereinbart. Nach dem Gespräch mit dem Onkologen sah die Welt für uns wieder völlig anders aus. Er verschrieb mir eine Therapie mit 400 mg Glivec und meinte, dass ich mit diesem Medikament gute Chancen hätte, alt zu werden. Daran habe ich dann auch immer geglaubt und versucht, nur selten an den GIST in meinem Bauch zu denken.

GIST Helmut WeihnachtenNach einer Dosiserhöhung auf täglich 800 mg Glivec im Jahr 2013 musste ich dann im Frühjahr 2017 auf Sutent umgestellt werden, da mein Körper wohl gegen Glivec resistent geworden war, was sich in leichten Vergrößerungen einiger Tumorherde zeigte. Vor der Therapieumstellung hat man einen größeren Tumorherd an der Leber herausoperiert und eine neue Gewebeuntersuchung gemacht. Mein GIST hatte ich nicht verändert; es lag weiterhin eine Mutation im Exon 11 vor. Nun lebe ich dank der heute verfügbaren Medikamente schon über siebzehn Jahre mit dem GIST. Ich bin sicher, dass ich mit der neuen Dosis noch ein paar Jahre ohne größere Beschwerden weiterleben kann. Schon jetzt habe ich ja viele schöne Jahre mit meiner Marlies geschenkt bekommen. Es hat sich gezeigt, dass selbst eine sehr ungünstige Ausgangsposition (Größe, hohe Teilungsrate, Metastasenbildung) bei der heute möglichen Therapie den GIST lange Zeit ruhig halten kann. Ich bin Mitglied im Lebenshaus und in einer Hamburger Patientengruppe und freue mich über die Möglichkeit, jederzeit Rat und Informationen zu bekommen.

Die Therapietagebücher des Lebenshauses, die ich bekommen hatte, haben mich auf die Idee gebracht, meine Erfahrungen mit dem GIST in einem Buch festzuhalten. Mittlerweile sind es drei Bücher geworden.

GIST Helmut eines tages  GIST Helmut gist tumor  GIST Helmut gist gene mutationen