Klassifizierung und Differenzierung

F 46913643 Mann Musklen SkelettIm menschlichen Körper gibt es ganz unterschiedliche Gewebetypen. So werden Sarkome generell unterteilt nach ihrem jeweiligen Ursprungsgewebe bzw. ihrer Ähnlichkeit zu vorhandenen Gewebstypen.

Grob lassen sich drei Hauptgruppen unterteilen:

  • Weichgewebesarkome: Ca. 75 % aller Sarkome sind Weichgewebesarkome
  • Knochensarkome: Etwa 10 % aller Sarkome entstehen im Knochen
  • Gastrointestinale Stromatumoren oder GIST: Ein spezielles Weichgewebesarkom im Magen-Darm-Trakt, das etwa 15 % aller Sarkome ausmacht


Innerhalb dieser Klassifizierung kann man die Tumoren je nach Ursprungsgewebe weiter unterteilen. Sie entstehen aus Zellen des Fett-Gewebes, des Muskel-Gewebes (weiche oder Skelett-Muskulatur), des peripheren Nervengewebes, des Gelenk-Gewebes, der Blut- und Lymph-Gefäße, des Faser-/Bindegewebes oder sind sogar unklaren Ursprungs (Gewebetyps). Beispiel: Lipo bedeutet z.B. „Fett“. Ein Liposarkom z.B. ist ein bösartiger (= maligner) Tumor des Fettgewebes.

 

Beispiele zum Verständnis der Benennung bösartiger (maligner) Weichgewebesarkome

Name:

Sarkomart / Ursprungsgewebe:

Leiomyosarkom

Glatte Muskulatur

Liposarkom

Fettgewebszellen

Fibrosarkom

Bindegewebszellen

Osteosarkom

Knochenbildende Zellen

Synovialsarkom

Gelenkkapselzellen

Rhabdomyosarkom

Quer gestreifte Muskulatur

Angiosarkom

Blutgefäße

Chondrosarkom

Knorpelzellen

Neurofibrosarkom

Nerven schützende/stützende Zellen

Lymphangiosarkome

Lymphgefäßzellen


Angesichts dieser Aufzählung von nur einigen Subtypen wird schon jetzt deutlich, dass es sich bei den Sarkomen um eine Gruppe sehr unterschiedlicher (heterogener) Erkrankungen handelt. Sie verbindet eigentlich nur der gemeinsame Ursprung aus den so genannten „mesenchymalen Zellen“. Dabei handelt es sich um eine Gewebeart, aus der der Stütz- und Bewegungsapparat (Knochen, Muskeln), die Weichgewebe und das Blut- und Lymphgefäßsystem hervorgeht.

 

Häufigkeit von Weichgewebesarkomen in verschiedenen Sarkom-Registern

Sarkom-Subtyp:

Häufigkeit:

Malignes Fibröses Histiozytom (MFH) (Heute: Pleomorphes Sarkom / NOS)

15 – 25%

Leiomyosarkom

15 – 25%

Liposarkom

10 – 15%

Synovialsarkom

6 – 10%

Maligner Peripherer Nervenscheidentumor (MPNST)

3 – 5%

Angiosarkom

2 – 3%

Fibrosarkom

2 – 3%

Rhabdomyosarkom

~ 2%

Endometriales Stromasarkom (EMS)

1 – 2%

Alveoläres Weichgewebesarkom

~ 1%

Klarzellsarkom

~ 1%

Desmoide/Aggressive Fibromatose

< 1%

DFSP Dermatofibrosarcoma Protuberans

< 1%

 

Differenzierung

Tumore kann man nicht nur nach dem Gewebe, dem sie entstammen, einteilen. Man kann sie auch nach dem Grad der Ähnlichkeit mit dem Herkunftsgewebe unterscheiden. Sind sich Tumor- und Gewebezellen des Ursprungsgewebes ähnlich, so spricht man von differenzierten Tumorzellen. Sind die Tumorzellen so entartet, dass ihre Herkunft und das Ursprungsgewebe nicht mehr bestimmt werden können, so werden sie als „dedifferenziert“ oder „undifferenziert“ bezeichnet. Der Grad der Differenzierung ist zusammen mit der Größe, der Lage und dem Vorhandensein von Tochtergeschwülsten (= Metastasen) für die Behandlungsplanung von großer Bedeutung. Je differenzierter und kleiner ein Tumor ist und je weniger Metastasen er gebildet hat, desto eher kann mit einem Behandlungserfolg gerechnet werden.

Symptome

Häufig ist das erste und vielleicht auch einzige Symptom eines Weichgewebesarkoms eine so genannte Raumforderung, also ein Knoten, eine Schwellung oder Wucherung. Oftmals treten keine weiteren Beschwerden auf.

Da es häufig kaum charakteristische Symptome gibt und Tumoren sich in Körperregionen entwickeln, in denen man sie unter Umständen erst spät bemerkt, werden Sarkome leider sehr spät diagnostiziert. Aus diesem Grund haben etwa 10 bis 20% der Patienten bei Erstdiagnose bereits einen lokal fortgeschritten Tumor oder Metastasen.

Allgemeine Tumorsymptome können z.B. sein:

  • Appetitlosigkeit bzw. vorzeitiges Sättigungsgefühl
  • Gewichtsabnahme (z.B. > 10% des Körpergewichtes, oftmals ohne erkennbare Ursache)
  • Allgemeine Schwäche und Leistungsabfall
  • Schmerzen (Tumor drückt z.B. auf Nerven oder umliegende Organe)
  • Temperaturerhöhung oder Fieber
  • Anämie (Blutarmut)
  • Symptome bei Tumoren im Magen-Darm-Bereich (Gastrointestinal-Trakt) könnten z.B. sein: Völlegefühl, Schmerzen (Stiche), Blutungen (Teerstuhl), Übelkeit, Verstopfung

In folgenden Fällen besteht der Verdacht auf ein Sarkom:

  • alle Knoten, die größer als 2 cm² sind
  • alle neu entstandenen Knoten
  • alle Knoten, die sich in den tiefen Hautschichten befinden
  • alle schnell wachsenden Knoten/Schwellungen
  • alle tiefen, großflächigen Blutergüsse (Hämatome)

Häufige erste Verdachtsdiagnosen können sein: Hämatom, Sportverletzung, gutartige Tumoren (Bsp. Lipom, Fibrom, Leiomyom), Bakerzyste u. v. m.

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Lokalisation und Metastasierung

Sarkome TumorstellenWeichgewebesarkome kennen keine Grenzen: Sie können überall im Körper entstehen, z. B. im Weichgewebe, der Haut und verschiedenen Organen. Am häufigsten treten Sarkome in den Extremitäten, also Beinen und Armen auf (ca. 43 %), aber auch im Körperstamm (Organe und Bauchwand, ca. 29 %), dem Bauchraum (Retroperitoneum: hinter dem Peritoneum/Bauchfell, ca. 15 %) sowie im Kopf-Hals-Bereich (ca. 9 %).

Einzelne Tumorzellen können sich vom Primärtumor lösen und über die Blut- oder Lymphbahnen im Körper bewegen. So können sie sich in entfernten Geweben festsetzen und neue Geschwüre – so genannte Tochtergeschwüre oder Metastasen – bilden. Ist ein Tumor in der Lage, Metastasen zu bilden, dann verschlechtert dies in vielen Fällen die Prognose.

Bei den Weichgewebesarkomen steht die Metastasierung über den Blutstrom im Vordergrund. Vor allem betroffen ist dabei die Lunge: Über 50 % der Patienten mit Weichgewebesarkomen entwickeln Tochtergeschwüre in der Lunge. Dies betrifft insbesondere Patienten mit dem Primärtumor in den Armen oder Beinen. Weitere Zielorgane sind die Leber - vor allem bei Primärtumor im Bauchraum und Retroperitoneum/hinter dem Bauchfell –, die Knochen und bei bestimmten Untergruppen die Lymphknoten. Diese treten z.B. beim Rhabdomyosarkom, dem epitheloiden und dem Synovialsarkom auf.

Insbesondere bei größeren und aggressiveren Tumoren (undifferenzierte G2/G3–Tumoren, tief lokalisiert, größer als 5 cm) muss trotz lokaler Tumorkontrolle mit der Entwicklung von Metastasen gerechnet werden.

Dignität

Die Dignität (hier: Wertigkeit) beschreibt die Eigenschaft von Tumoren: Man unterscheidet gutartige (benigne, Dignität I) und bösartige (maligne, Dignität III und IV) Tumoren. Gutartige Tumore wachsen lokal begrenzt und dringen nicht in benachbarte Strukturen ein, können jedoch durch ihre Größe Probleme verursachen.

Bösartige (maligne) Tumoren (Krebs) können den Organismus massiv schädigen. Wesentlich für die Einordnung als maligne ist die Fähigkeit, zu metastasieren und in andere Gewebe einzudringenden (invasives Wachstum).

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für die Entwicklung von Weichgewebesarkomen sind bisher weitgehend ungeklärt. Der übermäßige Kontakt mit einigen Industriegiften (z.B. Dioxin, Arsen, Holzschutzmittel oder Herbizide) sowie die verstärkte Einwirkung von Polyvinylchlorid („PVC“) oder Asbest scheinen Risikofaktoren zu sein.

Was darüber hinaus bekannt ist:

  • Nach vorangegangener Strahlentherapie können Sarkome im Bereich der bestrahlten Körperregion beobachtet werden (strahleninduzierte Sarkome). Beispiel: Angiosarkome – sie können Jahre nach vorangegangener Bestrahlung bei Brustkrebs (Mammakarzinom) entstehen.
  • Außerdem werden Sarkome bei bestimmten angeborenen Gen-Defekten beobachtet, die dann häufig zur Ausbildung verschiedener Tumoren führen. Diese „Syndrome“ sind aber sehr selten und machen nur einen sehr geringen Anteil der Sarkome aus.
  • Nahezu die meisten Sarkome treten „spontan“ auf – ein konkreter Auslöser lässt sich in den allermeisten Fällen nicht finden. Die Ursache vieler Sarkome sind sogenannte „somatische Mutationen“, also eine Veränderung des Erbguts.

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Chancen auf Heilung

Grundsätzlich gilt, dass niemand mit Bestimmtheit für den einzelnen Patienten zu Beginn der Erkrankung sagen kann, ob die Erkrankung geheilt werden kann.

Ganz allgemein kann man jedoch sagen: Ein erheblicher Teil aller Patienten mit einem Weichgewebesarkom, die bei Erstdiagnose keine Metastasen aufweisen, bleibt nach fachgerechter Behandlung des Ersttumors langfristig tumorfrei. Die Chancen auf eine Heilung sind somit gut.

Von Heilung spricht man dann, wenn die Tumoren entfernt wurden und über einen Zeitraum von fünf Jahren kein neuer Tumor aufgetreten ist. Nach fünf Jahren „Tumorfreiheit“ ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor wiederkommt (Rezidiv) oder Metastasen auftreten, vergleichsweise gering. Die Möglichkeit besteht aber, deshalb sollten auch weiterhin regelmäßig Kontroll-Untersuchungen wahrgenommen werden.

Haben sich bei Erstdiagnose bereits Metastasen gebildet, sind die Chancen auf eine dauerhafte Tumorfreiheit deutlich geringer. Abhängig vom Risikoprofil (Wachstumseigenschaften des Tumors, Anzahl, Größe und Lokalisation der Metastasen, Begleiterkrankungen) kann aber auch in dieser Situation unter bestimmten Voraussetzungen noch eine Heilungschance vorhanden sein.