Diagnose, Behandlung und Verlaufskontrolle von Sarkomen erfordern eine enge Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen (inter- oder multidisziplinäre Kooperation). Dies sind im Wesentlichen: Onkologen, Chirurgen, Pathologen, Radiologen (Medizinische Bildgebung) und Radioonkologen (Strahlentherapie).
Je nach Alter, Erkrankungsstadium sowie Art und Lokalisation des Tumors können jedoch auch weitere Spezialisten aus anderen klinischen Bereichen wie z.B. der Pädiatrie/Kinderonkologie, Gastroenterologie, Urologie, Gynäkologie, plastisch-rekonstruktiven Chirurgie, u. a. am Diagnose- und Behandlungsprozess beteiligt sein.
Diagnostik
Die Diagnose beschreibt die Erkenntnis und Entscheidung, dass eine bestimmte Krankheit oder Verletzung vorliegt. Grundlage dafür sind die erhobenen bzw. beobachteten Daten, Befunde oder Symptome. Die Methoden der Diagnosefindung werden mit dem Begriff der Diagnostik zusammengefasst. Dazu gehören Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte), körperliche Untersuchung, Anwendung bildgebender Verfahren, Labor-Analyse des Blutes und anderer Körperflüssigkeiten sowie Gewebeuntersuchungen.
Um die bestmögliche Behandlungsentscheidung treffen zu können, müssen vor allem folgende Fragen bei einem Weichgewebesarkom beantwortet werden:
- Um welchen Sarkom-Subtyp handelt es sich?
- Wo ist er lokalisiert?
- Wie groß ist er?
- Wie schnell wächst er?
- Sind verschiedene Gewebe oder Organe betroffen?
- Handelt es sich um einen einzelnen Tumor oder gibt es bereits Metastasen?
Folgende Untersuchungsmethoden können im klinischen Alltag in der Phase der Diagnosestellung bei Sarkomen grundsätzlich eingesetzt werden:
- Ultraschall (Sonographie), Endosonographie (Ultraschall von innen)
- Spiegelungen (…oskopien), auch mit bestimmten Kontrastmitteln
- Röntgen
- Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT), auch Kernspintomographie
- Computertomographie (CT)
- Angiographie ggf. mit Intervention
- Knochen-/Skelett-Szintigraphie
- Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
- Histologische Untersuchung
- Ermittlung der Laborwerte
Sind die o. g. wesentlichen Fragen beantwortet, werden Sarkome nach der TNM-Klassifikation eingestuft. So erhalten die Ärzte Anhaltspunkte für die Art und die Intensität einer möglichen Behandlung und können die Chancen auf eine eventuelle Heilung besser einschätzen.
Bildgebende Diagnostik
Bildgebende Verfahren erzeugen Bilder vom Körperinneren. Die wichtigsten Verfahren, die heute im Bereich der Weichgewebesarkome eingesetzt werden, sind die Kernspintomografie (MRT) und die Computertomografie (CT). Die Ultraschalluntersuchung (Sonografie oder Echografie) kann im Diagnoseprozess unter Umständen hilfreich sein, ersetzt aber niemals die Schnittbildgebung mittels MRT oder CT.
Man unterscheidet bei diesen Untersuchungen grundsätzlich zwischen der „Detektion“ des Tumors und dem „Staging“. Unter Detektion versteht man den Beleg, dass tatsächlich ein Tumor im Weichgewebe vorhanden ist. Staging hingegen bedeutet, dass die Bildgebung dazu genutzt wird, festzustellen, ob und wie sich die Erkrankung ausgebreitet hat. So wird z.B. die genaue Position des Tumors, seine Größe und eventuell vorhandene Metastasen bestimmt.
Die Ergebnisse der bildgebenden Verfahren sind für die weitere Therapieplanung notwendig. Vor allem für eine eventuelle Gewebeentnahme (Biopsie) und eine spätere Operation müssen die Bilder zur Verfügung stehen.
Ultraschall (Sonografie) Unter Sonografie versteht man die Anwendung von Ultraschall zur Untersuchung von organischem Gewebe, das entstandene Bild nennt man Sonogramm. Bei der Sonografie handelt es sich um eines der am häufigsten eingesetzten bildgebenden Verfahren der Medizin. Die Endosonografie ist eine Variante der Sonografie, bei welcher der Schallkopf in den Körper eingeführt wird, häufig mit Hilfe eines Endoskops. |
Computertomographie (CT) CT ist ein Röntgenverfahren, mit dem der menschliche Körper in Querschnittbildern (Schnittbildverfahren) dargestellt wird. Im Gegensatz zum konventionellen Röntgen wird der Patient beim CT nicht nur aus einer Richtung durchstrahlt, sondern er wird durch eine sich drehende Röntgenröhre aus allen Richtungen schichtweise „abgetastet“. |
Kernspintomographie/Magnetresonanztomographie (MRT) MRT ist ein bildgebendes Verfahren zur Darstellung des menschlichen Körpers. Auch sie gehört zu den Schnittbildverfahren. Sie arbeitet im Gegensatz zum CT oder zum Röntgen nicht mit Röntgenstrahlen, sondern mit Magnetfeldern und Radiowellen. Das MRT liefert insbesondere von wasserhaltigen Geweben genaue Darstellungen, z.B. von inneren Organen, Gelenkknorpel, Meniskus, Rückenmark oder Gehirn. |
Positronen-Emissions-Tomografie (PET) PET gehört zu den nuklearmedizinischen bildgebenden Verfahren: Mithilfe winziger radioaktiv markierter Teilchen und einer speziellen PET-Kamera werden Stoffwechselvorgänge im Inneren des Körpers sichtbar gemacht. Die PET eignet sich bei bestimmten Krebserkrankungen zur Früherkennung und zur Beurteilung. |
Szintigraphie Als Szintigraphie bezeichnet man ebenfalls eine nuklearmedizinische Untersuchungsmethode. Dabei werden dem Patienten radioaktiv markierte Stoffe gespritzt, die sich in bestimmten Organen anreichern und mit Hilfe einer Gammakamera aufgenommen werden. Dadurch können bestimmte Körpergewebe sichtbar gemacht werden, vor allem Knochen/Skelett und Schilddrüse. |
Gewebeentnahme (Biopsie)
Bei einer Biopsie entnimmt der Arzt Tumorgewebe, das anschließend genau untersucht wird. Geprüft wird, ob der feingewebliche Aufbau krankhafte Veränderungen aufweist (Pathohistologie). Insbesondere die Fragestellung, ob es sich um einen bösartigen oder gutartigen Tumor handelt und welcher Sarkom-Subtyp vorliegt, kann in der Regel nur durch eine Biopsie geklärt werden. Diese erfolgt entweder an einem Resektat, das heißt an dem bereits herausoperierten Tumor oder an einer entnommenen Gewebeprobe (Biopsat).
Besteht schon im Vorfeld der Probenentnahme (Biopsie) der Verdacht auf ein Sarkom, sollte diese unbedingt in einem spezialisierten Sarkom-Zentrum durchgeführt werden. Selbst der Eingriff, der bei einer Biopsie notwendig ist, kann bereits eine große Bedeutung für die weitere Behandlung des Sarkoms haben.
Deshalb wird in Abhängigkeit von der Lage des Tumors, dem Blutungsrisiko und dem Verdachtsgrad des Arztes auf die Bösartigkeit des Tumors eine Strategie zur Gewebegewinnung festgelegt.
Feingewebliche Diagnostik (Pathologie)
Pathologie ist die Lehre von den Krankheiten – genauer von den krankhaften Veränderungen der Zellen, Geweben und Organen. Die Pathologen haben die Aufgabe, die Zelle zu identifizieren, aus der der Krebs entstanden ist. So können sie exakte morphologische und pathologische Diagnose stellen und bei der Beurteilung der Prognose unterstützen.
Die optimale Behandlung hängt immer von der jeweiligen Krebsart ab. Der Pathologe ist also auch bei den Sarkomen eine Art „Lotse der Therapie“. Seine Ergebnisse und Diagnose stellen die Weichen für die anschließende Therapie, die für bestimmte Sarkom-Subtypen sehr unterschiedlich sein kann.
Die einzige sichere Diagnosemethode bei Sarkomen ist die Untersuchung einer Probe des Tumors unter dem Mikroskop (Histologie). Dies erfordert viel Erfahrung des Pathologen. Erst seit ein paar Jahren weiß man mehr über die Pathologie, Molekulargenetik und die Behandlung von Sarkomen. Da die Bewertung des Pathologen enorm wichtig für die nachfolgende Behandlung ist, kann es manchmal sinnvoll sein, eine Zweitmeinung durch einen anderen Pathologen, z.B. eines Referenzzentrums für Sarkome, einzuholen.
Erfahrene Sarkom-Pathologen setzen folgende Untersuchungsmethoden ein, um Sarkom-Subtypen anhand ihrer Mutationen zu identifizieren:
- Immunhistochemie: Methode zur Untersuchung der Gewebeprobe. Dabei trägt der Pathologe so genannte Antikörper auf die Gewebeprobe auf. Diese Antikörper reagieren mit spezifischen Eiweißen (Proteinen) auf der Zelloberfläche – sofern diese auf der Gewebeprobe vorhanden sind. Verbindet sich dieser Antikörper mit dem spezifischen Protein auf der Zelloberfläche, dann entsteht ein Fleck oder eine Farbveränderung in der Gewebeprobe. Die Gewebeprobe wird als dann „Fleckpositiv“ gewertet. So können Tumorzellen, die bestimmte Antigene, also Proteine ausbilden, identifiziert werden.
- FisH-Test (FisH = Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung): Bereits wenige Tage nach einer Zellentnahme können bestimmte Chromosomenbesonderheiten mit recht hoher Sicherheit nachgewiesen werden, sofern geeignetes Zellmaterial vorlag.
- Die PCR (engl. Polymerase Chain Reaction) Polymerase-Kettenreaktion ist eine Methode, um die Erbsubstanz DNA im Reagenzglas (in vitro) zu vervielfältigen. Gene können durch PCR mit entsprechenden Hilfssubstanzen vervielfältigt (amplifiziert) und anschließend sequenziert werden, um Mutationen aufzuspüren.
- DNA-Sequenzierung ist die Bestimmung der DNA-Sequenz, d.h. der Nukleotid-Abfolge in einem DNA-Molekül.
Differenzierung und Grading
Wie bereits erwähnt, stellen die Sarkome eine sehr verschiedenartige (heterogene) Gruppe von Tumoren dar. Obwohl sie unter einem Begriff zusammengefasst werden, weisen Sarkome z. T. ein völlig unterschiedliches Wachstumsverhalten auf. Dabei gilt in der Regel:
- Je mehr die Tumorzellen dabei normalen Gewebezellen ähneln, umso langsamer teilen sie sich in der Regel. Man spricht daher von einem hohen Grad der Differenzierung.
- Je schneller sich die Sarkomzellen teilen, desto weniger kann auf das ursprüngliche Gewebe geschlossen werden. Der Tumor ist also undifferenzierter und wird als bösartiger eingestuft.
Dreistufiges Gradingsystem (FNCLCC*) |
|
Niedrig maligne (bösartig) |
Grad 1 |
Hoch maligne (bösartig) |
Grad 2 Grad 3 |
In der feingeweblichen Untersuchung (Histologie) teilt der Pathologe den Tumor grob je nach Grad der Differenzierung vor (Grading) ein. In Europa besteht eine Skala von G1 bis G3.
Ein gut differenziertes Sarkom kann über viele Monate oder sogar Jahre zu beachtlicher Größe anwachsen ohne Metastasen auszubilden. Undifferenzierte, sehr bösartige Sarkome können dagegen bereits in frühen Stadien Tochtergeschwüre bilden.
* FNCLCC steht für " Federation Nationale des Centers de Lutte Contre le Cancer". Dieses Gradingsystem wird in der Regel bei der Einordnung von Weichgewebesarkomen verwendet.
Einordnung: TNM-Klassifikation
Die TNM-Klassifikation beschreibt eine Stadieneinteilung von Krebserkrankungen.
TNM ist eine Abkürzung für:
T | Tumor | Beschreibung von Ausdehnung und Verhalten des Ursprungstumors |
N | Nodus | Lymphknoten, Fehlen bzw. Vorhandensein von regionalen Lymphknotenmetastasen |
M | Metastasen | Fehlen bzw. Vorhandensein von Fernmetastasen |
Sind alle Untersuchungen durchgeführt, wird das Erkrankungsstadium bestimmt. Es richtet sich nach der Einordnung der Krebserkrankung in die TNM-Klassifikation.
Man unterscheidet vier Stadien: Stadien I bis IV. Diese werden jeweils noch einmal unterteilt in A und B. Welches Erkrankungsstadium vorliegt, hängt davon ab,
- ob und wo Metastasen vorliegen (in den nächstgelegenen Lymphknoten oder in entfernt gelegenem Gewebe)
- wie sehr die Tumorzellen entartet sind (histopathologischer Befund, Grading) und
- wie groß der Primärtumor ist.