Von wegen selten: Jede einzelne der knapp 200 seltenen Krebserkrankungen mag selten sein, zusammen machen sie jedoch mehr als 20% aller Krebsarten aus und betreffen etwa 4,3 Millionen Menschen in der EU. Jedes Jahr werden dort mehr als 500.000 Menschen mit einer seltenen Krebserkrankung diagnostiziert. Studien belegen, dass die Überlebensraten für seltene Krebserkrankungen niedriger sind als für häufige und dass Betroffene in Europa keinen gleichberechtigten Zugang zu Krebsmedikamenten haben.
Seltene Krebserkrankungen - besondere Herausforderungen
Seltene Krebserkrankungen stellen Betroffene, ihre Familien und alle mit Gesundheit befassten Berufsgruppen vor große Herausforderungen:
- Oft verspätete oder fehlerhafte Diagnosen
- Fehlender Zugang zu angemessenen Therapien und klinischer Expertise
- Eine geringe Zahl klinischer Studien aufgrund kleiner Patientenzahlen
- Geringes Interesse an der Entwicklung neuer Medikamente wegen begrenzter Absatzmärkte
- Mangel an Krebsregistern und Gewebebanken
Rare Cancers Europe: Mit vereinten Kräften
Im November 2008 haben sich daher Vertreterinnen und Vertreter von auf dem Gebiet der seltenen (Krebs)Erkrankungen aktiven Organisationen zu einer europäischen Konferenz getroffen und 39 Empfehlungen für Politik und alle in dem Bereich tätigen Einrichtungen erarbeitet. Diese Empfehlungen betreffen die methodologischen und regulatorischen Barrieren bei der Versorgung, die notwendige Einrichtung entsprechender Schwerpunktzentren und europäischer Referenznetzwerke, die Barrieren beim Versorgungszugang von Betroffenen, die Aus- und Weiterbildung entsprechender Gesundheitsberufsgruppen sowie den Zugang zu Information über seltene Krebserkrankungen. Dies war das Startsignal für Rare Cancers Europe, eine aus inzwischen 39 verschiedenen Interessengruppen bestehende Initiative mit dem Ziel, seltene Krebserkrankungen auf die europäische politische Agenda zu setzen und dafür einzutreten, dass die 39 Empfehlungen umgesetzt werden.
Die drei folgenden Ziele stellen die wesentlichen Tätigkeitsfelder der Initiative dar:
- Verbesserung der Methodologie klinischer Forschung zu seltenen Krebserkrankungen
- Verbesserung der Organisation der Gesundheitsversorgung bei seltenen Krebserkrankungen
- Verbesserung des Zugangs von Betroffenen zu neuen Therapien in der EU
Rare Cancers Europe besteht aus Fachgesellschaften, Vereinigungen aus den Bereichen Krebs und Seltene Erkrankungen, Krebsforschungsorganisationen, Krebsinstituten, Netzwerken und Referenzzentren für seltene Krebserkrankungen, professionellen Kommunikations- sowie Fort- und Weiterbildungseinrichtungen im
Bereich Onkologie, Patientengruppen und der Industrie.
Zum Handeln aufgefordert
Fußend auf diesen 39 Empfehlungen wurde ein öffentlicher Aufruf zum Kampf gegen seltene Krebserkrankungen («Call to Action») gestartet, der europäische Regierungen, EU Institutionen, internationale Regierungsorganisationen, die Forschungsgemeinschaft, die pharmazeutische Industrie, medizinische Berufsgruppen und die Zivilgesellschaft dazu aufruft, die besonderen Herausforderungen seltener Krebserkrankungen verstärkt anzugehen und dafür zu sorgen, dass
- die gleichberechtigte und grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung bei seltenen Krebserkrankungen substanziell verbessert wird,
- neue und wirksame Therapien für seltene Krebserkrankungen entwickelt werden,
- zu seltenen Krebserkrankungen mehr klinische Studien mit einem höheren Maß an Flexibilität durchgeführt werden,
- neue Therapien bedarfsgerecht, zügig und transparent geprüft werden,
- durch die Vernetzung klinischer Datenbanken, Register und Gewebebanken für seltene Krebserkrankungen eine solide Wissensbasis geschaffen wird,
- mittels Schwerpunktzentren und europäischen Referenznetzwerken der grenzüberschreitende Wissenstransferverstärkt wird und
- eine frühzeitige und korrekte Diagnose und Versorgung von Patienten sowie die Überweisung zu entsprechenden Schwerpunktzentren und europäischen
Referenznetzwerken sichergestellt werden.
Weitere Informationen über Rare Cancers Europe finden Sie hier.