Europäische Referenznetzwerke (ERN) sind virtuelle Netzwerke, an denen sich Fachleute des Gesundheitswesens aus ganz Europa beteiligen. Ihr Ziel ist die Bekämpfung von komplexen oder seltenen Krankheiten und Zuständen, die eine hochspezialisierte Behandlung und umfassende Kenntnisse und Ressourcen erfordern.
Die Gesundheitssysteme in der Europäischen Union zielen auf eine qualitativ hochwertige und kosteneffiziente Versorgung ab. Das ist bei seltenen oder wenig prävalenzbehafteten komplexen Krankheiten oder Gesundheitszuständen besonders schwierig. 5.000 bis 8.000 seltene Krankheiten beeinträchtigen den Alltag von rund 30 Millionen Menschen in der EU.
Was ist das EURACAN?
EURACAN ist das ERN für seltene Krebserkrankungen mit soliden Tumoren im Erwachsenenalter. Es ist eines der 24 ERN, die sich mit einer Reihe von Problemen dieser Thematik befassen. Das ERN für seltene Krebserkrankungen mit soliden Tumoren im Erwachsenenalter wird vom Centre Léon Bérard koordiniert. Ziel des Netzwerkes ist die Verbesserung der Versorgungsqualität für alle europäischen Bürger, die von seltenen Krebserkrankungen betroffen sind, und die Gewährleistung einer optimierten und einheitlichen Versorgung sowie des Zugangs zu Innovationen in allen Mitgliedstaaten der EU.
Es sind über 300 seltene Krebsarten bekannt. Das ERN EURACAN befasst sich mit allen seltenen Krebserkrankungen mit soliden Tumoren im Erwachsenenalter und unterteilt diese der RARECARE-Klassifikation und dem ICD-10 entsprechend in zehn Domänen.
Im Umgang mit seltenen Krebserkrankungen sind erhebliche diagnostische Herausforderungen zu überwinden, die mitunter schwerwiegende Auswirkungen auf die Lebensqualität des Patienten und das Ergebnis der Behandlung haben. Eine unangemessene Behandlung dieser Patienten kann auch die Gefahr eines Rückfalls oder das Sterberisiko erhöhen.
Das ERN EURACAN informiert über bewährte Praktiken und baut Referenzzentren für seltene Krebserkrankungen auf. Darüber hinaus erstellt das Netzwerk regelmäßig aktualisierte Leitlinien zur Diagnose und Therapie in der klinischen Praxis.
Ziel des Netzwerks ist es, innerhalb von fünf Jahren alle EU-Länder zu erreichen und ein Überweisungssystem zu entwickeln, um sicherzustellen, dass mindestens 75 % der Patienten in einem EURACAN-Zentrum behandelt werden. Dadurch sollen die Überlebenschancen der Patienten erhöht, Kommunikationsmittel in allen Sprachen für Patienten und Ärzte entwickelt und landesübergreifende Datenbanken und Tumorbanken erstellt werden.
Zuständigkeitsbereich des EURACAN
EURACAN ist ein patientenorientiertes domänenübergreifendes ERN und das größte Netzwerk aktiver EU-Zentren, das sich mit der Behandlung von Patienten mit seltenen Krebserkrankungen mit soliden Tumoren im Erwachsenenalter befasst. Das Netzwerk unterteilt seltene Krebsarten gemäß der 10. Überarbeitung der Internationalen Statistischen Klassifikation von Krankheiten und verwandten Gesundheitsproblemen (ICD-10), RARECARE und RARECAreNet -Projekten in zehn Domänen.
Die Domänen beruhen auf der Zusammenarbeit von Netzwerken, die in den vergangenen 10 – 20 Jahren stattgefunden hat. Dabei handelte es sich insbesondere um Netzwerke der klinischen Forschung und von Expertengruppen. Innerhalb dieser Netzwerke fand eine produktive Zusammenarbeit bei klinischen Studien (z. B. innerhalb von EORTC-Tumorgruppen oder als nationale Gruppen), für die Erstellung von Richtlinien (mit ESMO, EORTC oder Tumorgruppen) und für den Aufbau nationaler oder multinationaler Netzwerke (z. B. ENETS, Conticanet und EuroBoNET) statt. In diesen verschiedenen Komponenten von EURACAN wurden auch Forschungsprojekte abgeschlossen, die durch Zuschüsse des FP6, FP7 und H2020 unterstützt wurden.
In diesem Sinne und auf der Grundlage der vorangegangenen Arbeiten und der bestehenden Strukturen hat EURACAN seltene Krebserkrankungen in die zehn spezifischen Domänen und anschließend in weitere Unterdomänen unterteilt. Die EURACAN-Domänen fassen Gruppen seltener Tumore aufgrund gemeinsamer histologischer Merkmale zusammen, während die Unterdomänen auf spezifischen histologischen Klassifikationen und auf Klassifikation der Ursprungsorgane beruhen, die der übergeordneten Domäne zugeordnet sind.